mannheimer

puppenspiele


e.V.

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Otto

Puppentheater Mannheim – mannheimer puppenspiele e.V.

Rückblick


Das Puppentheater soll in seiner bisherigen Form ab Februar 2023 für immer geschlossen werden.

Was für eine ernüchternde Aussage! Eine Spielepoche geht zu Ende!


1957 begann die Ära des Puppentheaters.

Jochem Helfrich und Theo Maret, der Leiter der Theatergemeinde für das Nationaltheater Mannheim und Gleichgesinnte, erweckten es zum Leben. Es wurde somit ein Ableger anderer Art des Nationaltheaters zur Freude von Kindern, Eltern und Großeltern. Die Gegebenheiten zur Jahrtausendwende erforderten jedoch die Auflösung der Theatergemeinde. Dadurch musste eine andere Möglichkeit gefunden werden, das Puppentheater, das Teil der Theatergemeinde war, weiterbestehen zu lassen. Im Jahr 2001/2002 entschlossen sich daher das Spielerteam und die Mitarbeiter, das Puppentheater in Eigenregie zu übernehmen. Unter der Leitung von Heinz von Neuenstein wurde ein Verein gegründet und das Puppentheater als Verein „mannheimer puppenspiele e.V.“ weitergeführt.


Eine Schließung des Theaters hätten sich die Gründer dieser Institution in ihrem damaligen Enthu-siasmus, auch die jeweiligen Spielerteams und alle anderen Mitarbeiter, nicht vorstellen können. Puppenspiel ist Lebensfreude. Es erweckt im Gegenüber Träume, Sehnsüchte, Gefühle, Wärme, Identifikation, Erregung, Selbstfindung, Stellungnahme, … Dieses Wechselspiel sollte, so setzten sie voraus, zu allen Zeiten sowohl Kinder wie Erwachsene anrühren, bewegen und das innere, sensible Empfinden ansprechen. Einmal gegründet, davon gingen sie damals aus, wird diese, für die menschliche Entwicklung wichtige Spielart der Gefühlswelt ins Leben gerufene Institution, sicher auch weitergeführt werden. Sie irrten sich leider!


Enthusiastische Menschen, die ihre Freizeit für dieses zeitintensive und verpflichtende Spielerhobby einsetzen, haben einen Seltenheitswert; ihre Brötchen verdienen sie in anderen Berufen. So sehr sich auch Kinder und Erwachsene über unsere Spielangebote freuten, so betrüblicher wurde in den letzten Jahren die Situation der nachwachsenden Mitspieler und zuverlässigen Mitarbeiter. Es fanden sich letztendlich keine puppenspielinfizierte Menschen mehr, die ihre Freizeit in die Weiterführung und damit die Erhaltung der mannheimer puppenspiele e.V. einbringen wollten bzw. konnten.


Ein Zeichen der Zeit – Menschen haben kaum noch Zeit – C’est la vie – So ist das Leben. Eben.



Ich kam durch eine „Panne“ zu den Mannheimer Puppenspielen.

1979 holte ich meine Frau mehrmals im Puppentheater ab; sie half einige Wochen, Puppenkleider anzufertigen. Ich wurde hereingebeten und von Karl H. Kunst (Leiter der Theatergemeinde, leiden-schaftlicher Puppenspieler und Meister technischer Tüfteleien beim Kulissen- und Puppenbau) und von Heinz von Neuenstein (damals Youngster im Leitungsteam mit großer Begeisterung für Stückeauswahl, Einstudierung und Beleuchtung) durch ein Gespräch dahingehend in die Pflicht genommen, den Part des Richters in der szenischen Lesung „Die Panne“ von Friedrich Dürrenmatt zu übernehmen. Nach wohlwollender Aufnahme in die Lesegemeinschaft, den anschließenden Aufführungen der Panne und den nachfolgenden Gesprächen, verfiel ich, nach anfänglichen Zweifeln, der Anziehung des Puppenspielens. Es dauerte noch einige Zeit, doch dann geriet ich in den Sog dieser Spielergemeinschaft, die zur damaligen Zeit aus nahezu 25 Personen bestand. Ich erlernte das Puppenspielen, das Sprechen, gelegentlich auch im Kurpfälzer Dialekt, die Herstellung der Bühnenbilder, das Kaschieren von Kulissen und Puppen, … Den Theaterraum, die Bühne, die Flure und Treppen, die Toiletten, die Fenster, die Arbeitsräume mit Aufenthaltsraum, die Magazine für Puppen und Kulissen, den Kassen- und Eingangsbereich, … zu säubern und in Ordnung zu halten war vom Theaterteam zu erledigen. Natürlich je nach Zeit und Fähigkeit. Ich war gefragt, wenn elektrische Anschlüsse gelegt werden mussten oder es um die Herstellung von Verlängerungskabeln ging.

Wir müssen alle an einem Strang ziehen, wenn wir Erfolg haben wollen. Leicht verständlich, kurz gesagt, doch mitunter schwer zu erreichen. Eine kleine Bühne, wie es das Puppentheater war, vereinigte in jeder Person mehrere Aufgabenbereiche künstlerischer, technischer und verwaltungsmäßiger Art. Dadurch waren Absprachen, die zu einvernehmlichen Einigungen führen mussten, ständig erforderlich. Aber wir kennen doch die Menschen! Wenn jeder glaubt, dass eine Sache nur so wie er es denkt zu lösen ist, dann kommt es zwangsläufig zu Problemen. Dass Probleme gelegentlich längere Zeit brauchen, um gelöst zu werden, verschweige ich nicht, doch will ich hier festhalten, dass es fast nie zu ernsthaften Zerwürfnissen oder zu unlösbaren Situationen kam. Spieler und Mitarbeiter verstanden es durch ihre verschiedenen Charaktere, aufkeimende Streitigkeiten und Verletzungen zu schlichten und Kampfhähne zu beruhigen, so dass sie wieder sachlich und einvernehmlich zusammenarbeiten konnten. In meiner Erinnerung bleibt ein kameradschaftliches und harmonisches Miteinander, so, wie es in einer Freundschaft sein sollte. Ich vertrat, meinem Naturell entsprechend, stets gleichberechtigt meine Meinung und fühlte mich angenommen und geschätzt.



Ende meiner Puppenspielzeit.

2009 mit Beendigung der Vorstellungen „Das Puppenspiel vom Doktor Faust“ beendete ich meine aktive Puppenspielzeit. Das bedeutete aber keineswegs, wie die Beendigung eines Berufs, die Firma zu verlassen, in den Ruhestand zu treten, „das war’s“ zu sagen und die Arbeitsstelle nicht mehr zu betreten. Die in 30 Jahren gewachsenen Freundschaften, auch noch zu einigen ausgeschiedenen Mitspielerinnen und Mitspielern, bleiben natürlich auch weiterhin bestehen. Ich war als Puppenspiel-Pensionär ein gern gesehener Gast, wurde über die Vorgänge im Puppentheater informiert und erledigte sporadisch auch verschiedene Arbeiten. Als Mitglied des Vereins und Kassenprüfer erlebte ich die Planung, Vorbereitung und Durchführung der jeweils gezeigten Puppenspiele weiterhin mit. So waren mir der Rückgang der Mitarbeiter und Spieler, der sich schon bei meinem Ausscheiden abzeichnete, bewusst. Die Corona Pandemie erschwerte und belastete ab 2020 zusätzlich die Vorstellungen im Puppentheater. Keiner wollte es wahrhaben, doch dann stand es plötzlich im Raum …

Wir müssen die Schließung des Puppentheaters ins Auge fassen. Ja, was uns unfassbar erschien, wurde Wirklichkeit. Argumente, Einstellungen und Gegebenheiten wurden geprüft. Eine bittere Entscheidung wurde getroffen. Wege zur Auflösung des Vereins der „mannheimer-puppenspiele e.V.“ wurden beschritten.


Was bleibt:

Wehmut und viele schöne Erinnerungen

an strahlende Kinderaugen, glückliche Eltern und Großeltern

an viele Kinder aus Kindergärten und Schulen mit ihren Betreuern und Lehrern

an treue Besucher der Puppenspiele für Erwachsene, der Erzählabende und der Gastspiele

an Entwicklungen eines Stückes mit Textfindung, Proben, Kulissen- und Puppenherstellung

an Aufführungen und die Leidenschaft, die Puppe selbst zu sein, die wahrgenommen wird, …


Was ging verloren:

Ein Ort und eine Beschäftigung,

die über Jahrzehnte ein Ausgleich zu unserem Beruf war

die wir liebten, weil wir uns mit Freunden geborgen und zu Hause fühlten

die Raum für ernste, nachdenkliche und heitere Gespräche gab, wo wir gemeinsame Vorhaben

planten, uns auseinander- und zusammensetzten und miteinander gestalterisch tätig wurden, …


Fazit:

Es kommt allen Puppenspielern seltsam vor, was sich im Moment ereignet.

Die Ära des Puppentheaters Mannheim geht zu Ende.

Doch, wie ein Mensch die Lebensbühne verlässt, und ein anderer die Weltenbühne betritt,

so kann jederzeit auch wieder eine Puppentheaterbühne in Mannheim neu entstehen.

Das ist doch eine wunderbare Hoffnung!


Otto Barth, Ende 2022

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